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Exkursionen Justizpalast München und Berufsmesse

Es muss nicht immer Mord sein – auch Zivilrecht ist spannend!

„Zivilrecht ist faszinierend, reine Logik. Man muss sehr viel nachdenken“, antwortet Ute Fenzl, Richterin am Bayrischen Landgericht in München auf die Frage der Schüler der 10. Klasse des Max-Rill-Gymnasiums aus Reichersbeuern, was sie bewogen hat, sich eben nicht auf Strafrecht zu spezialisieren. Die Klasse befindet sich in einem der besonderen historischen Säle des Justizpalastes und macht sich mit den unterschiedlichen Perspektiven von Kläger, Beklagtem und Richter vertraut. Hier stellt sich die Richterin den interessierten Fragen zu Recht, Rechtsystem und besonderen Prozessen.

Zuvor bekamen die Schülerinnen und Schüler eine Führung durch die Katakomben des Gebäudes, das als eines der schönsten Münchens gilt, wo Aktenberge aus Jahrzehnten gelagert sind. Auch die Entschädigungsakten zu Verbrechen aus der NS-Zeit, die ein sensibles Kapitel der deutschen Geschichte anmahnen, gehören dazu. Einem Ausflug unters Dach des Palastes vermittelt ein eindrucksvolles Bild von der Komplexität des Gebäudes und der Vorstellungswelt seines Architekten Friedrich von Thiersch, der es zwischen 1891 und 1897 im Stil des Neobarock erbaute, – hier lagern noch Entwürfe des Fassadenschmucks und Modelle des Gebäudes.

Der Justizpalast ist eng mit der Geschichte des Widerstands in der NS-Zeit verbunden. Die Widerstandskämpfer der Weißen Rose, die Studenten Christoph Probst, Hans und Sophie Scholl, wurden nach ihrer Verhaftung in der Universität in den Justizpalast gebracht, wo sie völlig isoliert in Einzelzellen auf ihren Prozess warteten. Der berüchtigte Präsident des Volksgerichtshofs, Roland Freisler, verurteilte sie in einer Handlungsfarce am 22. Februar 1943 wegen „landesverräterischer Feindbegünstigung, Vorbereitung zum Hochverrat und Wehrkraftzersetzung“ zum Tode. Noch am Abend wurde das Urteil im Gefängnis Stadelheim vollstreckt. Die Zellen und auch der Sitzungssaal 216, in dem die Verhandlung stattfand, sind nahezu vollständig erhalten und können besichtigt werden. Im Saal 216 ist die Dauerausstellung „Im Namen des Deutschen Volkes“ zur Weißen Rose zu sehen.

Im historischen Gerichtssaal klärt Ute Fenzl die Schüler über das Prozedere eines Jura-Studiums auf und gibt auf die Frage, wie man herausfindet, ob man für ein Jura-Studium geeignet ist, den Tipp, sein Interesse für Deutsch, Mathe und Geschichte zu überprüfen – wichtig ist die Fähigkeit, sich ausdrücken zu können, Zusammenhänge zu erkennen. An welche berührenden Fälle sich die Richterin besonders gut erinnere, wollen die Schüler wissen. Sie muss nicht lange nachdenken: In ihrer Zeit als Staatsanwältin erfuhr sie viele Schicksale, auch die Geschichte eines Jungen, der immer wieder Entschuldigungen für die Schule fälschte, um bei seiner kranken Mutter zuhause bleiben zu können. Und was passiert, wenn der Angeklagte nicht auftaucht? Erst einmal nichts – man ärgert sich, die Verhandlung muss vertagt werden und der Richter hat „frei“.