Zum Inhalt springen

Gegen Antisemitismus: Das Bewusstmachen der eigenen Verantwortung

Projekttag am Max-Rill-Gymnasium in Reichersbeuern zum Tag der Demokratie am 11.11.2023

Demokratie bedeutet Verantwortung und Verpflichtung: Der jährliche Tag der Demokratie am Max-Rill-Gymnasium steht in diesem Jahr unter dem Eindruck der jüngsten Ausbrüche des Antisemitismus in Deutschland und der aktuellen Geschehnisse in Israel, die durch den grausamen Überfall der Hamas ausgelöst wurden. „Die Verantwortung unserer Geschichte bedeutet (…), dass Jüdinnen und Juden in Deutschland frei und sicher leben können, dass sie nie wieder Angst haben müssen, ihre Kultur offen zu zeigen. Genau diese Angst aber ist nun zurück.“ Dies sagt Robert Habeck in seiner Rede zu Israel und Antisemitismus.

Bereits in der Unterstufe herrscht großes Interesse für die Zusammenhänge der Ablehnung und Verfolgung jüdischer Kultur und jüdischen Lebens damals und heute. Am Beispiel der Bücherverbrennung am 10. November 1933 auch in München auf dem Königsplatz erfahren die Schülerinnen und Schüler, dass Bücher als Symbol für Meinungsfreiheit und Vielfalt ein Zeichen einer starken Demokratie sind, ihre absichtliche Vernichtung und damit das bewusste Auslöschen ihrer Stimmen jedoch eben diese verletzt und zerstört. Die Unterstufe recherchierte zu den Namen verbotener Autoren und stellt Eindrücke ihres kritischen Denkens, das die Nationalsozialisten nicht erlaubten, ihrer Gruppe vor: Karl Marx, Erich Kästner, Erich Maria Remarque, Jack London, Joachim Ringelnatz. In der Bibliothek kennzeichnen sie ein Regal für Autoren verbrannter Bücher mit gelber Farbe als für die Schulgemeinschaft sichtbare Mahnung an damals und als Appell, heute für die damals verbrannten Werte einzustehen. Ein Banner, das die Schülerinnen und Schüler mit Namen von Autoren verbrannter Bücher beschrieben, vervollständigt den Zyklus der Arbeit der Unterstufe. Abschließend werden exemplarische Werke verbotener Autoren in Bilderrahmen gesetzt (in Anlehnung an die Arbeit der Künstlerin Annette Helm). „So zeigen wir, dass das eingerahmte Buch etwas Besonderes ist – aber es ist auch gleichzeitig weg“, erklärt Valentina (Kl. 6). Wie am 10. November 1933, als die Nationalsozialisten vor allem jüdische Autoren aus dem kollektiven Gedächtnis zu löschen versuchten.
Schülerinnen und Schüler der Mittelstufe haben im Rahmen des Tages der Demokratie den „Erinnerungsort Badehaus“ in Waldram, Wolfratshausen, ehemals Teil des Lagers Föhrenwald, besucht und dort an einem Workshop zum Thema Antisemitismus teilgenommen, der sich mit nationalsozialistischer Vergangenheit in unserer unmittelbaren Umgebung beschäftigte. Inhalt des Workshops war u. a. der grausame Todesmarsch der Häftlinge des KZ Dachau, Ende April 1945. Die Befreiung der Gefangenen fand nur drei Kilometer vom Max-Rill-Gymnasium entfernt statt.

Die systematische Stigmatisierung, Entrechtung und schließlich Vernichtung der Juden in Nazideutschland wurde der 10. Klasse im NS-Dokumentationszentrum am Münchner Königsplatz anhand einer langen Wand verdeutlicht, auf der die Verordnungen zwischen Reichspogromnacht 1938 und Vernichtungsbefehl von 1942 den schleichenden Prozess bis hin zur „Endlösung“ darstellten. Den Weg dorthin wiesen bereits die Ursprünge des rassischen Antisemitismus im Weltbild der Nazis. Betroffen setzte die Klasse am Mahnmal für die Bücherverbrennungen 1933 vor der Antikensammlung ihr Fazit: „Nie wieder!“

In Reichersbeuern hatte die Oberstufe Hans Heyn, einen ehemaligen Schüler des Max-Rill-Gymnasiums, als Experten zu Besuch, der vier Jahre über die Konrad-Adenauer-Stiftung in Israel und dem Gaza-Streifen gelebt und gearbeitet hatte. Er sprach über seine Eindrücke aus den jüdischen Siedlungsgebieten und erarbeitete mit den Schülerinnen und Schülern zusammen mit ihren Geschichts- und Politiklehrern eine umfassende Analyse des Nahostkonflikts. „Durch die heutige Diskussion ist mir noch einmal klargeworden, dass Kriege nie durch Zufall entstehen und auch nicht ohne realisierbare Lösungsansätze beendet werden können. Verständnis für den Konflikt kann nur entstehen, wenn man die Gedanken aller Seiten kennt. Auch aus diesem Grund ist dieser Projekttag so sinnvoll“, resümiert Lea (Kl. 12) nachdenklich.

Wir mit diesem Thema in der Presse-externer Link:

https://www.merkur.de/lokales/bad-toelz/reichersbeuern-ort101185/engagement-gegen-das-vergessen-92678747.html?itm_source=story_detail&itm_medium=interaction_bar&itm_campaign=share