Das Max-Rill-Gymnasium Schloss Reichersbeuern hat letzten Samstag ihre 15 Abiturienten und
Abiturientinnen in einem 3-Stunden-Festakt verabschiedet, unter ihnen auch eine Gruppe von
Schülern mit herausragenden Ergebnissen. ChatGPT zeigte bei den Laudationes, wohin die Reise an
der Schule gehen kann. Und eine besondere Rede ist eine Verbeugung vor einem Höchstbegabten, von
dem in Zukunft sicher zu hören sein wird.
Die Mehrheit der Schüler dieses Jahrgangs sei nach 2019 an die Schule gekommen, also ziemlich
exakt in die beginnende Zeit der Corona-Pandemie, begann Schulleiterin Carmen Mendez mit
ihrem Rückblick und schätzte ein, dass es angesichts der bereits komplett digitalisiert arbeitenden
Lehrerschaft wohl keinen besseren Zeitpunkt für den Eintritt in das Schloss hatte geben können.
Auf einem Videoclip aus dieser Zeit, an der maßgeblich die Abiturklasse mitwirkte, sieht man eine
fröhliche Truppe, die die Pandemiezeiten recht gelassen nahm und sich freute, dass ihre
Erwartungen an die Schule erfüllt wurden: der Unterricht fand zuverlässig statt, die Lehrer waren
für sie da und die Schule vermittelte ein Gemeinschaftsgefühl. Dass es Lehrern gelungen ist, die
verschiedenen Begabungen ihrer Schüler wahrzunehmen und zu fördern, hob Mendez mit Blick
auf sportliche, musische, sprachliche, künstlerische, soziale und organisatorische Talente in der
Klasse hervor. Diese in einer persönlichen Laudatio für jeden einzelnen Abiturienten darzustellen,
war die Aufgabe der Lehrerschaft zur Zeugnisübergabe: Der Deutschlehrer Marc Susemihl stellte
sich ironisch als Lobhudler von Georgia v. Schwerin vor, die er nicht anders als nur
überschwänglich loben könne mit ihrem Schnitt von 1,2 als Jahrgangsbeste. Sie glänzte nicht nur
mit akademischen Leistungen, sondern auch mit ihrem Engagement als Klassen- und
Schülersprecherin seit Klasse 5 und dem 1. Preis bei Jugend forscht regional sowie dem 3. Preis im
Bundesland (der Tölzer Kurier berichtete). Er hätte kaum eine Schülerin erlebt, die den Geist ihrer
Schule so verinnerlicht und gelebt hätte, wie sie – einstimmig hatte daher die Lehrerschaft beschlossen,
Georgia mit dem Max-Rill-Gedächtnispreis zu ehren.
Der Geschichtslehrer Benjamin Henninger hatte sich angesichts der Technikaffinität seines
Schülers Nikodem Krol, der das beste Abiturergebnis mit 1,7 bei den Jungen erzielte, seinen Lehrer
aber beständig mit Internet-Recherchen im Unterricht verbessert hatte, entschieden, sich seine
Laudatio von ChatGPT – live – schreiben zu lassen. So gab er die prompts der Lehrer ein und die KI
schrieb vor dem staunenden Publikum eine treffende und – da sehr pathetisch, auch überaus
amüsante Rede.
Dem musisch begabten Paulus Niemeyer, der für seine vielen Gesangsauftritte eine
Anerkennungspreis erhielt, sang seine Mathelehrerin Ute Reinig ein Ständchen. Live aus China
zugeschaltet wurde Yuanyuan Gao, die von ihrer Mentorin Yang Liu-Weinert für ihr Abiturergebnis
von 1,7 gewürdigt wurde und den Hauptpreis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft auf
virtuellem Wege erhielt.
Das beste Abiturergebnis einer Schülerin mit nichtdeutscher Muttersprache mit einem Schnitt von
1,3 nach nur vier Jahren im deutschen Schulsystem erzielte You Li. Das Publikum feierte die im
Jahrgang lernenden vier Schüler aus China, die mit ihrem gemeinsamen Schnitt von 1,95 ein
spektakuläres Ergebnis erzielten. Stiller wurde es, als der Theaterlehrer Dr. Nikolaus Frei einem
weiteren ungewöhnlichen Schüler, Daniel Xiao, geradezu ein Denkmal setzte. Frei erinnerte sich
daran, wie ihn der junge Mann einst als 8-Klässler mit der profunden Kenntnis eines der größten
Werke der Weltliteratur verblüfft hatte –„Ulysses“ von James Joyce. Aus dem Werk zitierend, hob
er die einzigartige sprachliche Begabung des Abiturienten hervor: “A man of genius makes no
mistakes. His errors are the portals of discovery.” (“Ein genialer Mensch macht keine Fehler. Seine
Irrtümer sind die Portale für Entdeckungen.“) Eine Entdeckung sind Daniels Texte aus der
Schülerzeitung, in der er nicht nur Querdenker und Gendersprache auf journalistisch professionellem
Niveau reflektierte, sondern auch sein Leben im Internat: „Ungefähr jetzt bricht Dunkelheit ein. Ein
Indikator für den Auftakt einer ähnlich missliebigen Zeit, der Lernzeit. Unfair darf man es finden,
immerhin ist sie einzig für die Internatler verpflichtend, und selbst, wenn es bloß die eine Stunde
dauert, es ist noch immer die eigene Freizeit, die dabei draufgeht. Hat man sich erstmal ins Lernen
vertieft, endet das, was nicht enden will, schließlich wie im Flug, mit dem Gefühl, ebenso
paradoxerweise alles wie nichts gelernt zu haben.“ Es ist die schriftstellerische Kraft und
Wahrhaftigkeit, die Frei großen Respekt einflößt und ihn ahnen lässt, dass hier vor ihm ein Genie
stehen mag.
Die Schule verabschiedete ein Pot-pourri an außergewöhnlichen Schülern, die sich in sehr
herzlicher Weise bei ihrer „MRG-Familie“ bedankten.
Foto:
Von links vordere Reihe: Karin Krekel, Stellv. Schulleitung und Klassenleitung, Ruiqi Zhang, Lavinia
Brunner, You Li, Georgia v. Schwerin, Fidelis Breunig, Paulus Niemeyer und Carmen Mendez,
Schulleitung
Hintere Reihe links: Nicolas Tomas, Nikodem Krol, Benedikt Birkelbach, Maximilian Geiger, Tristan
Hruschka, Daniel Xiao und Justus Kennerknecht.